Thomas H. A. Becker

Bandenkrieg in Ecuador

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Nach Geiselnahme in TV-Studio sichern sich auch Wohngebiete gegen Terror der Drogenbanden

In Ecuador hatten am Dienstag (9.1.24) in der Hafenstadt Guayaquil bewaffnete Bandenmitglieder die Sendung des Fernsehkanals TC gestürmt. Sie hatten mit Waffen, Sprengstoff und Handgranaten die Mitarbeiter bedroht und misshandelt und sie gezwungen, sich mit Aufrufen an den Präsidenten zu wenden. Die Bilder wurden live übertragen.

Nach einer halben Stunde stürmte eine Spezialeinheit das Studio von TC Televisión und befreite die Geiseln. Die Geiselnehmer ließen sich widerstandslos abführen, niemand kam bei dem Angriff ums Leben.

Wie die Staatsanwaltschaft Ecuadors mitteilt, wurden 11 Personen wegen des gewaltsamen Angriffs in Untersuchungshaft genommen. Darüber hinaus wurden die beiden beteiligten Minderjährigen, ebenfalls Mitglieder einer kriminellen Gruppe, im Rahmen eines Terrorismusprozesses in Untersuchungshaft genommen. Als Minderjährige, menores de edad, wie es auf Spanisch heißt, genießen sie besonderen Schutz vor dem Gesetz, der es auch bei gravierenden Verstößen erschwert, die Jugendlichen zur Verantwortung zu ziehen.

Präsident Daniel Noboa hatte nach dem Gefängnisausbruch eines Drogenbosses vergangene Woche zunächst den Ausnahmezustand verhängt. Mittlerweile gilt eine nächtliche Ausgangssperre.

Ecuador war noch bis vor drei Jahren eines der friedlichsten Länder Südamerikas. Seitdem hat sich der Kampf gegen Drogenkartelle und Korruption zu einer Spirale der Gewalt ausgewachsen. Die Todesrate ist mittlerweile eine der höchsten Lateinamerikas. Noch 2020 war das Land im Global Peace Index eher im Mittelfeld und damit für lokale Verhältnisse als recht ungefährlich beurteilt worden:

Auf meinen Reisen durch Ecuador konnte ich immer recht sicher fast das ganze Land bereisen. Wenige Orte musste ich meiden – darunter die einschlägigen Viertel in Großstädten wie Guayaquil, Quito oder Manta, die es jedoch in fast allen größeren Städten der Welt (auch der sogenannten ersten Welt) gibt. Meine kulinarische Rundreise durch das Land im Jahr 2021 können Sie hier nachhören:

In Sozialen Netzwerken werden inoffizielle Meldungen verschickt, die dazu aufrufen, sich mit Lebensmitteln für die kommenden sechs Tage zu versorgen und nicht mehr auf die Straße zu gehen. Es werden heftige Zusammenstöße der Sicherheitskräfte mit den Kriminellen erwartet, die schon durch Autobomben und Morde an Polizisten für Angst und Schrecken gesorgt haben.

Auch Wohngebiete, die bisher eher weniger von Gewalt betroffen waren, stellen sich auf die veränderte Situation ein und beschäftigen nun zusätzlich bewaffnete Wachmänner, wie das Foto (oben) aus Guayaquil , der größten Stadt des Landes, zeigt. Außerdem werden Bestelldienste und Besucher teils nicht mehr in die urbanizaciónes, die bewachten Wohngebiete, eingelassen.