Thomas H. A. Becker

Kreuzfahrt ja oder nein?

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Zu den Vor- und Nachteilen einer Reise an Bord eines cruise ship

Zu den Vor- und Nachteilen einer Reise an Bord eines cruise ship

Viele Jahre Erfahrungen als Reisejournalist und Touren im Mittelmeer, in der Karibik, Nord- und Südamerika und auch auf den Galapagos-Inseln haben mir ein gutes Bild der aktuellen Kreuzfahrtindustrie vermittelt: Vom Touristen-Pferch mit über 5000 Passagieren bis zur Super-Luxus-Kreuzfahrt mit nur 15 Gästen an Bord. Für die Bereiche Asien und Australien kann ich (noch) nicht sprechen.

Kreuzfahrten sind umstritten. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Sie sind bequem, strukturiert, erfordern keine große Planung und bieten tägliche Vollverpflegung. Man kann sich ganz auf das Bordprogramm und die angebotenen Ausflüge beschränken. Oder man nutzt die Tour als Sprungbrett, um in kurzer Zeit viele Orte kennenzulernen und möglicherweise später auf eigene Faust mit mehr Ruhe zurückzukehren.

Nachteile liegen vor allem darin, dass es keinen Platz für spontane Änderungen gibt und natürlich im ökologischen Fußabdruck. Der ist jedoch bei Kreuzfahrten auf Galapagos sehr viel geringer, die Gesellschaften sind verpflichtet, ökologisch zu handeln. Und – bei fünf Angestellten plus Kapitän und ausgebildetem Führer – wird auf Umweltverträglichkeit geachtet und zwischendurch auch einmal eine spontane „Minga“, eine Strandsäuberung, mit den Gästen durchgeführt.

Hier ein paar Tipps, die für mich persönlich bei der Buchung einer durchschnittlichen Kreuzfahrt (Preis von 800 bis 6000 Euro für eine Woche) wichtig sind:

Geräuschpegel

Ich persönlich schlafe an Bord wie ein Baby. Im Inneren des Schiffs schaukelt es weniger als in den Balkon- und Außenkabinen. Wer allerdings einen permanenten Geräuschpegel nicht mag, ist im Innern des Schiffs nicht gut aufgehoben. Hier ist man den Maschinen und Versorgungseinrichtungen wie Wasserleitung und Klimaanlage am nächsten – ständiges Brummen garantiert.

Seltsamerweise sind die Kabinen in der Regel nicht gut schallgedämpft. Ich habe noch kein Schiff erlebt – weder bei der MSC, Carnival, NCL, Costa oder mit dem Katamaran Anahi auf Galapagos – das keinen Geräuschpegel hätte.

Bei den kleinen Innenkabinen im Bootsbauch kommen nicht selten polternde Kinder oder angeheiterte Heimkehrer auf dem Flur in tiefer Nacht dazu. Wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt, hat man an Bord wenig ruhige Nächte…

Viele suchen Unterhaltung und Kurzweil an Bord, selbstredend herrscht auf den Vergnügungsdecks und im Casino ein enormer Lärmpegel. Vor allem Amerikaner sind nicht so lärmempfindsam wie deutsche Gäste. Für die heißt es: die Spaß-Bereiche meiden oder – Ohropax einpacken!

Essen formal oder eher frei


Generell muss man sich zwischen zwei Konzepten entscheiden: Fester Sitzplatz zu festen Zeiten und immer am gleichen Tisch oder mehrere Restaurants zur Auswahl zur selbstgewählten Zeit. Manche Cruise Lines werben mit einem besonders entspannten Umgang, andere geben noch immer eine (moderaten) Dresscode an und veranstalten „formal nights“, bei denen um schicke Garderobe gebeten wird.
Auf vielen Kreuzfahrten kann man sich gegen ein kleines Aufgeld auch das Frühstück ans Bett bringen lassen.

Mit Kindern oder ohne?


Für Kinder und Jugendliche sind besonders die Spaß-Kreuzfahrten mit Kinderbetreuung, Animation und vielen Spiele-Einrichtungen reizvoll. Der Pool-Bereich ist ständig überwacht und übersichtlich, allerdings abends geschlossen. Auch, dass sie ständig Essen bekommen können, ist sicher ein Vorteil. Der ausgiebige Alkoholkonsum in fast allen Bereichen des Schiffs sollte allerdings mit bedacht werden

Balkon oder billiger Innenkabine?


Die Balkonkabinen sind teurer als die Innenkabinen. Klar – ein toller Blick aus dem Bett heraus, wenn man in Häfen einfährt, wie in Neapel oder Corfu, ist schon schön.
Wer die paar hundert Euro mehr übrig hat, sollte das nicht verpassen, die Kabinen sind zudem auch etwas größer und haben oft zusätzlich ein Sofa und kleinen Tisch zu bieten.
Da ich auf Reisen eh kaum in der Kabine bin, investiere ich das Mehr an Geld in der Regel in andere Aktivitäten. Auf einem Balkon kann man allerdings auch einmal spontan die Sonne genießen oder ein Buch im Freien lesen, ohne lange an Deck nach einer Sonnenliege suchen zu müssen. Bei viel Wind und in den kalten Jahreszeiten, sollte man sich gut überlegen, wie oft man unter Deck ist und ob das Geld nicht besser in Ausflügen investiert ist.

Umweltverträglichkeit

Ein großes Thema, gerade für deutsche Gäste, ist der Fußabdruck. In der Regel nutzt man ein Flugzeug, ob an den Starthafen zu kommen, da die Anreisen im Zug oder Auto länger dauern und die ersten Häfen im Mittelmeer von Deutschland aus ein ganzes Stück weg sind. Von den beliebten Alaska- oder Karibik-Kreuzfahrten ganz abgesehen.
Manche Gesellschaften bemühen sich, weniger Schäden anzurichten. Die Verschwendung von Essen und der Verbrauch an Brennstoff sind aber sehr hoch. Ein mögliches Gegenargument, dass man ja mit dem Flugzeug ebenfalls viel Kraftstoff verbrauchen würde, um alle Städte der Schiffsroute besuchen zu können, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings sind der Verbrauch an Plastikbechern (mache Gesellschaft stellen auf ein anderes Material um, da das bei Sonnenlicht allerdings zerfällt, kann es in den Bars an Deck gar nicht zum Einsatz kommen)
Manche Gesellschaften wie die NCL versuchen durch kleinere Projekte wenigstens symbolisch bisschen auf Nachhaltigkeit umzustellen.

Reisen im Alter

Dafür gibt es nur ein Wort: ideal. Schiffsreisen sind für Menschen fortgeschrittenen Alters sehr geeignet, oft nachgerade auf sie zugeschnitten. Einmal an Bord ist alles auf recht kleinem Raum zu erreichen – man kann quasi vom Pool über das Restaurant bis zum Theater alles vom Fahrstuhl aus genießen.
Ein- und Aussteigen in den Häfen sind alle alters und behindertengerecht und der direkte Umgang zu einem Bus für die Städtetour ist garantiert. Oft gibt es auch Spieleangebote oder Gruppentreffen, die sich nur an ältere Semester wenden.
Ich selbst habe mit meinem Vater seine erste Kreuzfahrt mit 82 Jahren gemacht. Seitdem fragt er jedes Jahr danach, wann wir die nächste machen.