Sonnenwendfeier in den Anden – Interview mit Marco Velecela
Rund eine Autostunde nördlich von Cuenca entfernt: Ein Volksfest. Viele bunte Trachten, Ockertöne und klare, kräftige Pastellfarben in einer sanften Wiesenlandschaft. Büsche und Bäume gibt es kaum auf über 3000 Metern. Durch die Ruinen der alten Inka-Festung fegt das ganze Jahr ein kalter Wind. Hier arbeitet der Direktor des Museums von Ingapirca, Marco Velecela. Er erklärt die Hintergründe des indigenen Sonnenfestes.
Einige Besucher sind schon ordentlich angeheitert, obwohl es erst Mittag ist. Auch die Musiker, die gekommen sind, um das Fest Inti Raymi zu begleiten. Ein altes, indigenes Fest, dass die Sonne, den „Inti“ ehrt.
Ingapirca, ein Kichwa-Wort für „Wand der Inka“, Der Komplex auf einer Bergkuppe ist rund 4 Fußballfelder groß. Sein Zentrum ist der elliptische, 12 Meter hohe Sonnentempel, der von geraden, kniehohen Mauern umgeben ist. Es sind die Grundmauern der früheren Gebäude, erklärt der Direktor des Museums in Ingapirca, Marco Velecela.
Aus dem ganzen Land sind Folkloregruppen angereist, um das Inti Raymi zu feiern. Es bedeutet auf Kichwa soviel wie „Fest der Sonne“. Die religiöse Zeremonie fand statt zur Zeit der Wintersonnenwende auf der südlichen Erdhalbkugel, also gewöhnlich am 21. Juni. Es war die wichtigste Feierlichkeit der Inkas und dauerte neun Tage mit bunten Tänzen und Prozessionen. Das letzte Inti Raymi gab es 1535 in Peru. Anschließend verboten die spanischen Eroberer und die Römisch-katholische Kirche den Kult um die Sonne, dem sie hier in Inga Ingapirca eigens ein Gebäude errichtet haben.
Und diese Fusion zweier Kulturen macht den Ort so wertvoll, sagt Direktor Marco Velecela:
Als eine Reaktion auf die Unterdrückung der Indigenen Völker durch die Katholische Kirche entstand der „diablo huma“. Ein tanzender Teufel mit feuerrotem, wallendem Haar, bösen Schlitzaugen und drei riesigen Henkeln für Nase und Ohren. Die Beine stecken vollständig in einer Fellhose aus Llama-Haar. Die gewaltige Maske – oft mit einem Strahlenkranz aus Stoff – lässt ihn auf zwei Meter oder mehr anwachsen. Seine weit ausschreitenden Tanzbewegungen unterstützt er mit einer knallenden Peitsche. Vor seinen Auftritten baden sich die Teufel in den wilden Wasserfällen der Anden, um sich einer rituellen Reinigung zu unterziehen und dann auch an dem Fest in Ingapirca teilzunehmen.
Marco Velecela führt zu einer kleinen Steinmauer am Ostende des Geländes. Die hat am heutigen 21. Juni – auch 500 Jahren nach der Ausrottung der Inka und Cañari durch die Spanier – seine Funktion behalten: sie markiert die Wintersonnenwende.
Typisch für die Inka ist ihre spezielle Verwendung von Steinen, die in ihren Mauern passgenau aufeinander gefügt sind und auch ohne Mörtel selbst staken Erdbeben widerstehen können.
Die Bearbeitung der Steine lässt auch Rückschlüsse darauf zu, wer in den jeweiligen Gebäuden gewohnt hat, sagt Museumsdirektor Marco Velecela: