„Unterwegs zwischen Hamburg und Haiti“

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Anlass Preisverleihung: Bericht in der Braunschweiger ZeitungKatja Dartsch von der BZ berichtete im März 2019 über meine Arbeit.

Man sieht sie bildlich vor sich: Die schwarze Lokomotive, mehr als 100 Jahre alt, die hinter dem hölzernen Bahnhofsgebäude dicke Dampfwolken ausstößt. So beschreibt Thomas Becker den „Tren Ecuador“ in seiner Radioreportage „Die schwierigste Zugstrecke der Welt“. Der Zug verbindet seit 1908 die Pazifikmetropole Guayaquil mit Quito in den Anden, der höchstgelegenen Hauptstadt der Welt.

Das halbstündige Feature wurde vom NDR vor knapp einem Jahr in der beliebten Sendereihe „Zwischen Hamburg und Haiti“ ausgestrahlt. Thomas Becker wird für den Beitrag nun mit dem „Columbus-Preis in Silber“ für herausragende Informationen im Bereich Länderporträt ausgezeichnet. Der Preis wird am morgigen Freitag verliehen, und zwar auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin. Thomas Becker ist in Braunschweig aufgewachsen. 1998 machte er sein Abi an der Neuen Oberschule, ging danach zum Studieren nach Leipzig: arbeitete er für „Radio Mephisto“, das bundesweit erste Studentenradio. Nach dem Studium zog es ihn nach Kalifornien, in Long Beach arbeitete er als freier Journalist. Er kehrte nach Deutschland zurück, um sein Referendariat in Stuttgart zu machen – und im Anschluss zog es ihn gleich wieder fort in die Ferne. „Nordamerika kannte ich ja schon, aber den Süden hatte ich nie gesehen“, erzählt er am Telefon – und so bewarb er sich an der Deutschen Schule in Guayaquil. Seit 2015 lebt er nun in Ecuador, arbeitet als Lehrer und macht Reisereportagen, so oft es seine Zeit zulässt. Er sucht die großen Geschichten im Kleinen, wie er sagt. Geschichten, die in keinem Reiseführer stehen und die nur zu finden sind, wenn man tief eintaucht in die Kultur. So wie die Geschichte von Baltazar Ushca, der seit fast 60 Jahren an der Zugstrecke des „Tren Ecuador“ arbeitet: Er schlägt Eis aus dem Gletscher eines Vulkanberges und beliefert damit die lokalen Märkte. „Er ist der letzte Eishändler des Chimborazo“, erzählt Thomas Becker. Natürlich spielt der Eishändler auch eine Rolle in seiner preisgekrönten Reportage. Sie erzählt ferner von der mühsamen Arbeit auf einer Kakaoplantage und vom Bau der 450 Kilometer langen Zugstrecke, die um die sogenannte Teufelsnase herumführt: Mehr als 2000 Menschen kamen einst ums Leben, um die Schienen im Zickzack um den Berg herumzuführen.

Mit diesem Artikel berichtete die BZ 2019:

Dass ausgerechnet dieses Feature ausgezeichnet wird, macht Thomas Becker besonders glücklich. Er erinnert sich noch gut an die Zeit, als die NDR-Sendung „Zwischen Hamburg und Haiti“ sein Fenster in die weite Welt war: „In Stöckheim saßen wir sonntagmorgens am Frühstückstisch und hörten uns diese Sendung an. Dass nun ausgerechnet eine meiner Geschichten ausgezeichnet wird, die in dieser Sendung lief, bedeutet mir viel: Immerhin habe ich sechs Jahre versucht, mit der Redaktion der Sendung zusammenzuarbeiten, war bislang aber an den höchsten Ansprüchen gescheitert, die sie dort an die Beiträge haben“, erklärt Thomas Becker. Die Preisverleihung hat er zum Anlass für einen Besuch in der alten Heimat genommen – in Begleitung seiner Frau, die er in Ecuador kennengelernt hat. „Ich war gerade mal zwei Monate in Ecuador. Die Menschen dort stehen total auf deutsche Kultur. Es gab ein Oktoberfest an der Küste – dort lernte ich meine künftige Frau kennen.“ Lissette Molina de Becker ist Fotografin und Künstlerin und studiert an der Universidad de las Artes in Guayaquil. Freunde und Familie besucht das Paar in diesen Tagen in Deutschland, und auch ein Abstecher an die Neue Oberschule war drin: „Das war toll, meine Schule nach 20 Jahren wieder zu betreten. Das letzte Mal war ich zum Abi-Ball dort“, so Thomas Becker. Heute geht’s weiter nach Berlin. „Wir sind froh, der Regenzeit mit 40 Grad Celsius und unzähligen Mücken für drei Wochen entkommen zu sein und sie gegen ein paar kühle Frühlingstage in Deutschland eingetauscht zu haben“, sagt Thomas Becker