von Barbara Bason, geb. Becker und Wulf Becker
Geboren wurde sie am 12.07.1908 als ältestes von drei Kindern der Eheleute Dr. Karl und Valentine (genannt Nina) Krombach, geb. Mannhardt in Friedberg. Dr. Krombach genoß als Arzt in Friedberg hohes Ansehen. Seine Familie stammte aus Hohensolms / Vogelsberg. Die Mutter war das neunte Kind von Dr. med. Julius Mannhardt und Mathilde Vollmer.
Ihre Kindheit verlief sehr glücklich im elterlichen Haus in der Mainzer Toranlage in Fried-berg bis zu dem frühen Tod des Vaters 1918. Ihre Erinnerungen an ihre Heimatstadt und an ihr Elternhaus waren so stark, daß ihre Gedanken immer wieder dahin zurückkehrten. Uns Kindern waren ihre Erzählungen sehr vertraut.
Diese Veröffentlichung wurde durch die Arbeit von Bärbel und Wulf Becker möglich
Gastfreundschaft schon im Elternhaus
Das Haus in der Mainzer Toranlage muß sehr gastlich gewesen sein, denn die Schwestern der Mutter und der Bruder Wolf waren häufig dort zu Gast.Viel zu früh verstarb der Vater zum Ende des Krieges an den Folgen einer Blutvergiftung, die er sich bei der Operation eines Freundes zugezogen hatte.
Dieser frühe Tod und die allgemeine wirtschaftliche Notlage nach dem Ende des 1. Weltkrie-ges bekam auch die Familie Krombach bitter zu spüren. Trotz ihres zarten Alters fühlte sie sich schon verantwortlich für die Mutter und ihre beiden jüngeren Brüder Karl, geb. 1912 und Klaus geb. 1913. Von 1914 an besuchte sie Gymnasien in Bad Nauheim und Friedberg, wo sie 1927 auf der Augustiner-Schule das Abitur absolvierte.
Lehre in Hamburg
Zwischen 1927 und 1929 erlernte sie in Hamburg einen kaufmännischen Beruf. Sie lebte dort bei Tante Hedi und Onkel Wolf Mannhardt. Die Zeit in Hamburg trug entscheidend zu ihrer Persönlichkeitsbildung bei. Die Tochter Ihrer Gasteltern, die fast gleichaltrige Cousine Maria wurde ihr eine feste Freundin bis an deren Lebensende.
1929 begann sie in Gießen das Medizinstudium, das sie 1933 wegen der Hochzeit mit Dipl.-Ing. Hans Becker, aus Darmstadt, vorzeitig beendete. Die Hochzeit fand am 27.05.1933 in Dieburg statt. Die erste Anstellung unseres Vaters in der Zeit der großen Arbeitslosigkeit wurde ihm in der Elektroversorgung beim Staatsbad in Bad Nauheim als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter angeboten. Bis 1936 wohnten unsere Eltern in Rötgen in der ehemaligen Mühle. In dieser Zeit wurden die drei ältesten Kinder, Peter 1934, Christine 1935 und Michael 1936 geboren.
Im Sommer 1936 bekam unser Vater eine Anstellung bei der AEG in Berlin. Unsere Mutter mit den drei kleinen Kindern folgte ihm nach Berlin, wo ihr viertes Kind, der Sohn Klaus, 1937 zur Welt kam. Von 1939 bis 1944 wechselte unser Vater zu den Stadtwerken in Wup-pertal-Barmen. Die Familie folgte ihm auch dort hin. In dieser Zeit wurden die Söhne Ulrich 1940 und Wulf 1944 geboren.
Kriegseinwirkungen
Auch wir blieben natürlich nicht von den Kriegseinwirkungen verschont. 1943 und 1944 wur-den wir ausgebombt. Ein Teil der Familie evakuierte schon 1943 nach Thüringen zur Cousine unserer Mutter Maria von Gleichen und ein anderer Teil nach Bad Nauheim, um nicht länger dem Bombenterror im Industriegebiet ausgesetzt zu sein. Im Frühjahr 1944 war die Familie wieder vereint auf Hof Löwenthal bei Bad Nauheim, wo sie auf dem Hof der Familie Kurt Schultheis freundschaftlich aufgenommen wurde.
Diese schweren Jahre haben unsere Eltern mit den sechs kleinen Kindern dank ihres starken Zusammenhalts und des großen Organisationstalents unseres Vaters heil überstanden. 1945 kam kurz vor Kriegsende das siebte und letzte Kind der Familie, die Tochter Barbara, zur Welt. Trotz der Entbehrungen der Nachkriegszeit waren wir eine sehr glückliche Familie und dank unserer Eltern und deren Freunde hatten wir eine glückliche Kindheit dort auf dem Hof von „Onkel und Tante Schultheis“.
Schicksalsschläge
Von persönlichen Schicksalen blieb unsere Familie dennoch nicht verschont. Der Bruder Klaus unserer Mutter fiel 1941 während des Rußlandfeldzuges. Seine Frau Utti und ihr Sohn Wölfchen starben an Diphtherie in Polen. Ihr Bruder Karl blieb bis Ende der 40er Jahre in Ägypten in englischer Gefangenschaft, wechselte später nach Khartum, Sudan, als Repräsen-tant deutscher Firmen.
Von jeher pflegte unsere Mutter den Kontakt zu den vielen Verwandten und Freunden, so daß wir selbst bei den sehr beengten Wohnverhältnissen im „Löwenthal“ und trotz der allgemeinen wirtschaftlichen Situation sehr oft Besuch von nah und fern hatten.
Nachkriegszeit – erste Hessen, ab 1952/3 Braunschweig
Von 1946 bis 1952 fand unser Vater wieder eine Anstellung als Zivilbediensteter Ingenieur bei der US Army in Bad Nauheim. In dieser Zeit hat die Familie zahlreiche amerikanische Freundschaften geknüpft, die noch bis heute gepflegt werden.
Die Kinder wuchsen heran und die beengten Wohnverhältnisse im „Löwenthal“ wurden problematisch. 1952 trat unser Vater die Stelle eines Betriebsleiters bei den Stadtwerken in Braun-schweig an. Die Familie folgte ihm im Frühjahr 1953.
Bis 1960 glückliche gemeinsame Jahre
Es folgten Schule, Ausbildung und Studium der Kinder. Bis 1960 blieb die Familie zusammen. Es waren sehr glückliche Jahre, da unsere Eltern beide starken Anteil an unserer Ausbildung, an der Freizeitgestaltung beim Sport und unserem Freundeskreis hatten. Am glücklichsten sahen wir sie, wenn die ganze Familie vereint war. Auch in Braunschweig wurde die gute Tradition der Gastfreundschaft unserer Eltern mit Verwandten und Freunden weitergepflegt. Sehr lebhaft ist uns in Erinnerung, daß an unzähligen Wochenenden zahlreiche Freunde der Geschwister zum Essen an unserem großen Eßtisch saßen. In den 60er Jahren zog es die meisten Geschwister zur beruflichen Weiterentwicklung in die Ferne und es wurden eigene Familien gegründet. Dennoch blieb das Elternhaus der Mittelpunkt der größer werdenden Familie.
1970 Rückkehr ins geliebte Hessenland
Im Jahr 1970 ging unser Vater in den Ruhestand und der Wunsch, wieder zurückzukehren in ihr geliebtes Hessenland wurde ermöglicht, indem sie eine schöne Wohnung mit großem Garten im gleichen Haus wie unser Bruder Klaus und seiner Familie in Langgöns bei Gießen be-zogen.
Nun hatten sie Zeit zum Reisen, um ihre weit verstreuten Kinder zu besuchen. Ganz besonders zog es sie nach Italien zu ihrer Tochter Barbara, die in der Nähe von Verona verheiratet war. Auch in ihr geliebtes Landl bei Kufstein in Tirol, wo sie ein kleines Appartement dauerhaft gemietet hatten, das sie sich sehr liebevoll und stilecht eingerichtet hatten, zog es sie mehrmals im Jahr.
Verlust von Ehemann Hans und Sohn Klaus
1975 ereilte uns der erste schwere Schicksalsschlag, als unser Bruder Klaus viel zu früh verstarb. Unser Vater folgte ihm knapp 1 Jahr später. Auch diese persönlichen Schicksale trug unsere Mutter mit Tapferkeit und meisterte ihr künftiges Leben alleine, vorbildlich. Noch immer hatte sie viele Besuche, jetzt schon von ihren Enkelkindern, oder sie verbrachte lange Zeitabschnitte bei ihrer Tochter in Italien, wo sie sich sehr wohl fühlte, weil sie die Menschen dort liebte und verstand und ihre Sprache gut beherrschte.
Rückkehr nach Braunschweig in den 80ern
Im Jahre 1986 hatte unsere Mutter inzwischen das Alter von 78 Jahren erreicht und Barbara hatte sich von ihrem Mann getrennt. Beide beschlossen gemeinsam eine Wohnung, trotz der tiefen Verbundenheit zu der hessischen Heimat wieder in Braunschweig, in der Nähe der Kinder Christine, Ulrich, Wulf und ihren Familien zu nehmen.
Ungeachtet ihres hohen Alters pflegte sie ihre Interessen, besorgte den Haushalt selbst so gut es ging und versorgte die Enkelkinder, die zu ihr zum Mittagstisch kamen. Die Korrespondenz mit ihren Cousinen und Anteilnahme an deren Familien lag ihr besonders am Herzen. Ein vertrauter Anblick bleibt in Erinnerung, sie Briefe schreibend an ihrem Sekretär sitzend zu sehen.
Mit zunehmendem Alter ließen aber die Kräfte unserer starken Mutter nach. Leider konnte sie ihre Schwächen nur sehr schwer ertragen. Sie ließ sich erst umsorgen, als es gar nicht mehr anders ging.
Tod der Tochter Christine (Tina)
Selbst vielfach von Aufenthalten in Krankenhäusern betroffen, mußte sie miterleben, wie un-sere älteste Schwester Christine im Sommer 1995 mit 60 Jahren an der schrecklichen Krankheit, dem Krebs, verstarb. Selbst dieses schwere Schicksal trug sie mit Würde. Sie wurde von diesem Zeitpunkt an aber immer stiller und gebrechlicher. Es folgten weitere Krankenhausaufenthalte.
Der Lebensinhalt unserer Mutter bestand darin anderen zu helfen, zu lieben und stets Vorbild zu sein. Sie war unser Mittelpunkt.
Durch die großartige Hilfe und Pflege durch ihre jüngste Tochter Barbara konnte sie die Zeit vom Februar bis zu ihrem Tod zu Hause verbringen. In aufopferungsvoller, beispielhafter Güte hat unsere Schwester unsere schwerstkranke Mutter bis zu ihrem Tod gepflegt. Ihr gebührt Hochachtung und Dank aller Geschwister. Unsere Mutter verstarb am 29. Juni 1998.